Handlungsfeld 15
Stoffeinträge und andere Beeinträchtigungen von Ökosystemen
Belastende Stoffeinträge wie Stickstoffverbindungen, Schadstoffe, Müll oder Plastik beeinträchtigen Lebensräume und bedrohen die biologische Vielfalt. Stickstoffüberschüsse verändern Nährstoffverhältnisse und verdrängen Arten, die auf nährstoffarme Böden angewiesen sind. Schadstoffe beeinflussen Fortpflanzung, Verhalten und Stressresistenz von Organismen – mit Folgen für ganze Ökosysteme.
Eine Begrenzung der Schadstoffeinträge ist auch für die menschliche Gesundheit wichtig. Plastik und Mikroplastik gefährden zum Beispiel auch Wasserlebewesen und gelangen über die Nahrungskette in den menschlichen Organismus. Müll, kurzlebige Produkte und eine Wegwerfmentalität bringen viele Ökosysteme an ihre natürlichen Belastungsgrenzen. Auch Lichtverschmutzung wirkt sich negativ aus – etwa auf Orientierung, Nahrungssuche und Fortpflanzung nachtaktiver Arten. Ziel ist es, Stoffeinträge und andere Störfaktoren weiter wirksam zu begrenzen, um Ökosysteme und Gesundheit zu schützen.

Ziel
15.1
Weniger Verschmutzung durch umweltgefährliche Stoffe
Bis 2030 wird die Verschmutzung aus allen Quellen weiter reduziert, um die biologische Vielfalt, das Funktionieren von Ökosystemen und die menschliche Gesundheit bestmöglich zu schützen.
Verschmutzungen beeinträchtigen Lebensräume und die biologische Vielfalt unmittelbar, deswegen sind Einträge umweltgefährlicher Stoffe aus allen Quellen so weit wie möglich zu minimieren, z.B. durch die Regulierung bestimmter Verwendungen, die Substitution besorgniserregender Stoffe oder Vorgaben zur Entsorgung sowie eine Stärkung der Altlastenbearbeitung. Dieses Ziel gilt für alle Stoffe und Gemische, sofern diese Strategie keine spezifischeren Ziele vorgibt (z.B. zu Nährstoffen, Pflanzenschutzmitteln, Plastik). Die chemikalienrechtlichen Vorgaben sind weitestgehend auf europäischer Ebene harmonisiert. Mit der europäischen Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit (Chemicals Strategy for Sustainability) und der Zero Pollution Ambition unterstützt die Union im Hinblick auf den Europäischen Green Deal das Ziel einer schadstofffreien Umwelt (toxic free environment) durch einen verbesserten Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt. Dies schließt den Schutz der Biodiversität vor schädlichen Stoffen und Gemischen im Rahmen der geltenden Regelungen ein.
Ziel
15.2
Reduktion der Belastungen durch Nährstoffeinträge in ihrer Wirkung auf Ökosysteme (Stickstoff und Phosphor)
Bis 2030 wird für Stickstoff die Fläche empfindlicher Ökosysteme mit Überschreitung der Critical Loads auf 50 % zurückgehen. Nach 2030 soll die Fläche mit Critical Load-Überschreitungen in Abhängigkeit von einem noch festzulegenden nationalen Stickstoff-Gesamtemissionsziels weiter sinken.
Bis 2030 reduzieren sich die Stickstoffemissionen aus allen Quellen und in alle Umweltmedien gemäß Handlungsziel 7 des Globalen Biodiversitätsrahmen (GBF) um 50 %.
Bis 2030 halten die Phosphorkonzentrationen der Fließgewässer die Werte der Oberflächengewässerverordnung ein. Deutschland strebt weiterhin an, die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie bereits ab 2027 einzuhalten.
Reaktiver Stickstoff (insbesondere Ammoniak, Nitrat und Stickstoffoxide), aber auch Phosphor beeinträchtigen die menschliche Gesundheit, belasten die Wasser- und Luftqualität, führen zur Eutrophierung und tragen zum Verlust biologischer Vielfalt und zum Klimawandel bei. Die Gesamtemissionen reaktiven Stickstoffs sind trotz Minderungserfolgen in vielen Bereichen nach wie vor zu hoch. Das Ziel soll dazu beitragen, den flächendeckend guten Umweltzustand in Deutschland weitgehend zu erreichen, so dass von den Immissionen kein Schaden für die biologische Vielfalt, das Funktionieren von Ökosystemen und die menschliche Gesundheit zu erwarten ist. Es findet seine Entsprechung in Handlungsziel 7 des GBF.
Ziel
15.3
Weniger Plastik in der Umwelt
Bis 2030 werden Plastikeinträge in die Umwelt deutlich reduziert sowie das Wegwerfen von Plastikmüll stark reduziert.
Die Verschmutzung der Natur durch Abfälle, insbesondere durch Kunststoffabfälle, ist ein Problem, das durch die lange Beständigkeit von Kunststoffen im Laufe der Zeit immer größer wird. In Deutschland wird diesem Problem mit einer leistungsfähigen Entsorgungs- und Recyclingstruktur begegnet, die in Zukunft weiter verbessert und ausgebaut werden muss. Im Vordergrund stehen dabei die Vermeidung von unnötigen Abfällen sowie die Kreislaufführung von Rohstoffen und Produkten, insbesondere von Kunststoffen. Deutschland hat in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Schritte unternommen, um Kunststoffeinträge in die Umwelt, bzw. deren Littering zu vermeiden. Im Hinblick auf Verpackungen u.a. durch ein Verbot des Inverkehrbringens von leichten Kunststofftragetaschen oder durch die Pfandpflicht auf nahezu alle Einwegkunststoffgetränkeflaschen sowie auf sämtliche Getränkedosen. Darüber hinaus wurde in Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtlinie ein Bündel an Maßnahmen zur Reduzierung der negativen Auswirkungen von Einwegkunststoffprodukten auf die Umwelt beschlossen. Dazu zählt bspw. die Einwegkunststoffverbotsverordnung, die das Inverkehrbringen bestimmter Einwegkunststoffprodukte verbietet sowie die Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung, die eine Kennzeichnung als Hinweis auf die negativen Auswirkungen einer nicht ordnungsgemäßen Entsorgung für bestimmte Produkte enthält. Das Einwegkunststofffondsgesetz ist der finale Akt zur Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtlinie und führt die erweiterte Herstellerverantwortung für bestimmte Einwegkunststoffprodukte ein. Die Hersteller bestimmter Einwegkunststoffprodukte werden verpflichtet eine jährliche Abgabe in den Einwegkunststofffonds zu entrichten. Die Einnahmen aus dem Fonds kommen der öffentlichen Hand zugute. Ihr wird ein Teil der Kosten erstattet, die sie aufbringen, um den öffentlichen Raum von den Abfällen aus Einwegkunststoffprodukten zu befreien. Der Fonds ist damit ein wichtiges Instrument zur Vermeidung der Vermüllung der Umwelt.
Ziel
15.4
Eindämmung der Lichtverschmutzung
Bis 2030 ist die Zunahme der künstlichen Beleuchtung sowie der damit verbundene Verlust an biologischer Vielfalt auf ein Minimum reduziert und der Anteil dunkler Nachtlandschaften gesteigert.
Ökosysteme und Organismen organisieren ihr Zusammenleben maßgeblich auf der Grundlage von Nacht- und Tagrhythmen. Zunehmend werden diese eigentlich stabilen Zyklen durch künstliche Beleuchtung immer häufiger unterbrochen, verändert und gestört. Künstliche Beleuchtung wird an Orten, zu Zeiten, in Spektren und Intensitäten eingesetzt, die natürlich so nicht auftreten würden. Dies hat Folgen für die biologische Vielfalt und deren Ökosysteme, aber auch für den Menschen. Beeinträchtigungen durch künstliche nächtliche Beleuchtung wurden für viele unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten nachgewiesen. Ein bekanntes Beispiel ist die Phototaxis (Staubsaugereffekt) von künstlichem Licht auf Insekten.
Maßnahmen
abgeschlossen
in Umsetzung
geplant
15.1 Stärkung der Nachhaltigkeit in der Chemikalienpolitik
geplant
15.1.1
Bis 2027 und darüber hinaus setzt sich die Bundesregierung weiterhin für eine ambitionierte Chemikalienpolitik, insbesondere die Umsetzung der CSS (Chemicals Strategy for Sustainability) und der ZPA (Zero Pollution Ambition), auch im Hinblick auf den Schutz der Biodiversität ein.
15.1 Minderung bestehender Schadstoffbelastungen
geplant
15.1.2
Bis Juni 2027 ist die überarbeitete EU-Kommunalabwasserrichtlinie in nationales Recht umzusetzen. In der Novelle werden Ziele für die Ausrüstung von bestimmten Kläranlagen mit einer 4. Reinigungsstufe festgelegt, deren anteilige Finanzierung über eine erweiterte Herstellerverantwortung getragen werden. Darüber werden weitergehende Anforderungen an die Nährstoffelimination (Stickstoff/Phosphor) sowie die Messung von Mikroplastik und Per- und Polyfluorierten Chemikalien (PFAS) gestellt.
15.2 Reduktion der Belastungen durch Nährstoffeinträge in ihrer Wirkung auf Ökosysteme (Stickstoff und Phosphor)
geplant
15.2.1
Bis 2027 wird darüber hinaus ein nationales Gesamtemissionsziel für reaktiven Stickstoff festgelegt und sektorenübergreifende Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels konkretisiert. Das Gesamtemissionsziel soll den europäischen (Zero Pollution Action Plan, Farm to Fork Strategie, Biodiversitätsstrategie, Novellierung der EU-Luftqualitäts-RL, Umsetzung EU-NEC-RL) und internationalen Zielen gerecht werden und einen guten Umweltzustand in Deutschland so weit wie möglich erreichen.
abgeschlossen
15.2.2
Zur Reduktion von Stickstoff- und Phosphoremissionen bis 2030 werden vor allem die bereits im Jahr 2020 novellierte Düngeverordnung und die 2022 angepasste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten, die geplante Änderung des Düngegesetzes als Grundlage für die Einführung eines bundesweiten Nährstoffmonitorings zur Düngeverordnung und die Weiterentwicklung der Stoffstrombilanzverordnung, das Klimaschutzprogramm 2030 sowie das nationale Luftreinhalteprogramm beitragen.
Weitere Maßnahmen im Zusammenhang mit Düngung werden zu Ziel 8.8. „Natur- und umweltverträgliche Düngung“ konkretisiert.
15.3 Weniger Plastik in der Umwelt
geplant
15.3.1
Bis 2025 wird die Fortschreibung der freiwilligen Selbstverpflichtung von Verbänden und Organisationen zur Reduzierung von Umweltbelastungen durch Agrarfolien (ERDE) angestrebt und dabei eine ambitionierte Zielsetzung unterstützt. Es sollen vereinbarte Anteile der insgesamt in den deutschen Markt gebrachten Silo- und Stretchfolien gesammelt und einer werkstofflichen Verwertung zugeführt werden. Darüber hinaus werden Spargel- und Lochfolien sowie Rundballennetze, Garne und Vliese gesammelt und recycelt. Eine vom Bundesumweltministerium unterstützte Ausweitung auf Mulchfolien erfolgt seit 2022.
geplant
15.3.2
Ab 2025 werden die Hersteller bestimmter Einwegkunststoffprodukte (ToGoLebensmittelbehältnisse, Tüten- und Folienverpackungen, Getränkebecher und -behälter, leichte Tragetaschen, Feuchttücher, Luftballons sowie kunststoffhaltige Tabakfilter (-produkte) über eine Abgabe an einen „Einwegkunststofffonds“ an den Kosten für Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung und der Reinigung des öffentlichen Raums, die sich aus dem achtlosem Wegwerfen dieser Produkte in die Umwelt ergeben, sowie an den Kosten für Sensibilisierungsmaßnahmen beteiligt.
15.4 Eindämmung der Lichverschmutzung
geplant
15.4.1
Bis 2027 wird eine Rechtsverordnung zum Schutz von Tieren, insbesondere Insekten und Pflanzen sowie der Biodiversität und Ökosysteme vor nachteiligen Auswirkungen durch künstliche Beleuchtung erlassen, die durch einen Praxisleitfaden ergänzt wird.
geplant
15.4.2
Bis 2026 werden bei der Neuerrichtung oder Umrüstung von Beleuchtungen des öffentlichen Sektors des Bundes (Verkehrswege, Gebäude etc.) – soweit sich die Beleuchtung nicht vermeiden lässt – nur noch biodiversitätsfreundliche Leuchtmittel und Leuchtenkonstruktionen verwendet, sofern nicht andere Gründe im Einzelfall dem entgegenstehen.