Handlungsfeld 14
Energiewende und Rohstoffe
Der Umbau der Energieversorgung hin zu erneuerbaren Energien ist eine zentrale Aufgabe zur Erreichung der Klimaschutzziele. Der damit verbundene, steigende globale Energie-, Ressourcen- und Flächenbedarf ist jedoch mit Herausforderungen im Bereich Natur-, Landschaft- und Artenschutz verknüpft. Wind- und Solarparks greifen in Landschaften ein, für Stromleitungen und Speicher werden große Mengen an metallischen Rohstoffen benötigt. Auch die Batterieproduktion für E-Mobilität erhöht den globalen Ressourcenbedarf. Damit der Umbau des Energieversorgungssystems nicht zu Lasten der Biodiversität geht, ist eine naturverträgliche Ausgestaltung der Energiewende daher unerlässlich.
Es gilt, den erforderlichen Ausbau der erneuerbaren Energien sowie den Rohstoffabbau und Biodiversitätsschutz gemeinsam zu denken: durch sorgfältige Standortwahl, flächensparende Planung und den Schutz sensibler Lebensräume. Auch der effiziente Umgang mit Energie leistet einen wichtigen Beitrag – jede eingesparte Kilowattstunde reduziert den Druck auf Natur und Ressourcen.

Ziel
14.1
Naturverträglicher Ausbau erneuerbarer Energien
Bis 2030 und darüber hinaus wird der dringend notwendige Ausbau der Erneuerbaren Energien naturverträglich ausgestaltet. Dem dient u.a. eine räumliche Steuerung des Ausbaus.
Eine naturverträgliche Ausgestaltung des Ausbaus Erneuerbarer Energien bezieht sich entsprechend der geltenden Gesetze auf die naturverträgliche Standortwahl, die Verfahren der Flächenauswahl, die Anlagenerrichtung und -gestaltung, die Betriebsführung, das Repowering und den entsprechenden Rückbau sowie den naturverträglichen Netzausbau. Dabei gilt es, in möglichst geringem Umfang naturbelassene oder sonstige naturschutzfachlich wertvolle Gebiete oder wertvolle agrarisch genutzte Flächen insbesondere für den Bau konventioneller Freiflächen-Photovoltaik (FF-PV) mit großem Flächenbedarf heranzuziehen. Der Bau von FF-PV Anlagen soll verstärkt auf bereits versiegelte oder vorbelastete Flächen gelenkt werden. Da der Ausbau ausschließlich auf diesen Flächen nicht rasch genug realisierbar ist, müssen aktuell zur Zielerreichung in gewissem Umfang auch naturbelassene und landwirtschaftliche Flächen in Anspruch genommen werden. Mit der Technologie der Agri-Photovoltaik (Agri-PV) wird die Möglichkeit verfolgt, dass Flächen gleichzeitig für Erneuerbaren Energien und Landwirtschaft genutzt werden. Der Grundsatz der Nutzung von Flächen für mehrere verträgliche Zwecke (Mehrfachnutzung) kann die Flächeninanspruchnahme schonen und soll im Raumordnungsgesetz verankert werden. Für den naturverträglichen Ausbau soll zudem die Flächeninanspruchnahme für FF-PV auf die Dauer dieser energetischen Nutzung begrenzt werden. Dies ist durch Anwendung § 9 Abs. 2 BauGB möglich. Die Festlegung der Folgenutzung sichert die Möglichkeit des PV-Ausbaus bei gleichzeitigem langfristigen Erhalt der Flächen für Naturschutz oder Landwirtschaft, durch Rückkehr zu dieser Nutzung bei Ende der energetischen Nutzung. Zu beachten ist hierbei, dass die energetische Nutzung aus PV-FFA nicht auf die Förderdauer des EEG begrenzt ist. Ebenso muss auch ein Repowering von Anlagen möglich bleiben. Denn es ist sicherzustellen, dass die Ausbauziele des EEG auch dauerhaft erfüllt und gehalten werden.
Ziel
14.2
Nachhaltige Erzeugung und Nutzung von Biomasse
Bis 2030 werden bei Biomasseströmen sektor- und maßnahmenübergreifend Nutzungskonkurrenzen, das Prinzip der Kreislaufführung sowie der Koppel- und Kaskadennutzung umfassend berücksichtigt.
Die zunehmende Nachfrage nach biogenen Rohstoffen zur Defossilisierung der Energiewirtschaft und Industrie in allen Sektoren erhöht den Druck auf die Erzeugung land- und forstwirtschaftlicher Produkte, was das Risiko für negative Auswirkungen auf Biodiversität, Böden und Gewässer erhöht. Die Erzeugung und der Einsatz von Biomasse ist nicht grundsätzlich nachhaltig. Es ergeben sich Herausforderungen u.a. aus den zunehmenden Flächenkonkurrenzen zum Nahrungsmittel- und Futtermittelanbau, zum natürlichen Klimaschutz oder anderen Nutzungen wie PV-Freiflächenanlagen und Flächenbebauung. Jedoch gibt es bei der Erzeugung von Biomasse in wiedervernässten Mooren (z.B. Paludikulturen) starke Synergien zwischen Biomasseerzeugung, natürlichem Klimaschutz und Biodiversität. Wo immer möglich sollten daher Rest- und Abfallstoffe genutzt und der Verbrauch primärer Biomasse gesenkt werden.
Besonders kontrovers wird die energetische Nutzung von Biomasse diskutiert. Bei Verbrennung von Biomasse werden die vorher gebundenen THGs umgehend wieder freigesetzt. Die Gesamt-Treibhausgas-Bilanz der energetischen Biomassenutzung kann unterschiedlich – auch nicht treibhausgasneutral – ausfallen, u.a. in Abhängigkeit von der genutzten Biomasseart, von Substitutionswirkungen, Vorkettenemissionen, den bei der energetischen Biomassenutzung freigesetzten Treibhausgasemissionen und der Dauer der Wiedereinbindung des freigesetzten CO2.
Daher sollte die energetische Nutzung vorzugsweise auf solche Anwendungen beschränkt werden, bei denen technisch aktuell keine alternativen erneuerbaren Technologien verfügbar sind. Bei der Nutzung von Biomasse wird eine möglichst langlebige, stoffliche oder industrielle Nutzung priorisiert, bei der die Biomasse und die daraus erzeugten Produkte möglichst lange in effizienten Kreisläufen geführt oder in Kaskaden genutzt werden, an deren Ende eine Energieerzeugung steht, die insbesondere fossile Energieträger ersetzt. Für die energetische Nutzung von Biomasse ist daher eine Verlagerung hin zu einer Nutzung stofflich nicht nutzbarer biogener Abfall- und Reststoffe nach dem Kaskadenprinzip sinnvoll. Im Bereich der Holznutzung sollte eine effiziente, zirkuläre Nutzung von Biomasse in hochwertigen und langlebigen Produkten vorangetrieben werden, um Nutzungskonkurrenzen zu verringern und die Biodiversität sowie die Klimaschutzfunktion der Wälder zu stärken. Eine steigende Primärholzverbrennung steht dem entgegen.
Ziel
14.3
Naturverträgliche Gewinnung und Nutzung von Rohstoffen
Bis 2045 wird der Einsatz von Primärrohstoffen, deren Gewinnung mit erheblichen Verlusten an Biodiversität einhergehen kann, deutlich reduziert.
Auch wenn der Hauptanteil des landbezogenen Biodiversitätsverlusts auf den Anbau und die Nutzung von Biomasse zurückzuführen ist, spielen auch die Entnahme und Verarbeitung von mineralischen und metallischen Rohstoffen sowie von fossilen Brennstoffen eine nicht zu vernachlässigende Rolle (Quelle, SfPM, S. 17). Denn Gewinnung und Verarbeitung der materiellen Ressourcen (metallische und nichtmetallische Mineralien, fossile Brennstoffe und Biomasse) verursachen über 55 % der globalen THG-Emissionen sowie 40 % der feinstaubbezogenen Gesundheitsschäden. Dies ist mit zunehmenden Folgen auch auf die Biodiversität verbunden, zumal der Materialeinsatz sich in den letzten 50 Jahren weltweit verdreifacht hat und weiter steigt (Quelle, SfPM, S. 6). Deshalb und mit Blick auf begrenzte Ressourcen ist es auch notwendig, die Primärrohstoffgewinnung so weit wie möglich durch höhere Produktlebensdauern, mehr Ressourceneffizienz, Kaskadennutzung und Kreislaufführung der Materialien und durch neue Technologien zu reduzieren.
Maßnahmen
abgeschlossen
in Umsetzung
geplant
14.1 Naturverträgliche Gestaltung und Betriebsführung von Anlagen
geplant
14.1.1
Bis 2025 wird für durch das EEG geförderte PV-Anlagen die Etablierung weitergehender Standards und Empfehlungen für die naturverträgliche Gestaltung von neu errichteten PV-Freiflächenanlagen geprüft. Für nicht durch das EEG geförderte PV-Anlagen werden entsprechende Standards geprüft.
geplant
14.1.2
Bis 2026 werden konkrete Maßnahmen zur Steigerung der Erzeugungseffizienz geprüft und ggf. umgesetzt, insbesondere die Konzentration auf flächeneffiziente EE-Erzeugungsanlagen, wie Windenergie und Photovoltaik.
geplant
14.1.3
Bis 2026 werden Mindeststandards für eine bedarfsgerechte, intelligente Steuerung bestehender und neuer Anlagen (On-/Offshore) definiert sowie erste Maßnahmen zu deren Umsetzung ergriffen.
14.1 Erneuerbare Energien und Artenschutz
geplant
14.1.4
Bis 2026 werden Kriterien für die Ausweisung naturverträglicher Standorte bzw. entsprechende Steuerungskonzepte, u.a. für die Ausweisung von Beschleunigungsgebieten und Gebieten mit vergleichbarem Vorrang, entwickelt, sofern sie die tatsächliche Durchführung der Planungen unterstützen und beschleunigen.
geplant
14.1.5
Bis 2027 und darüber hinaus werden Maßnahmen zur Stützung vom Ausbau erneuerbarer Energien betroffener Arten und Populationen, deren Lebensräume und die Vernetzung der Lebensräume umgesetzt und aus dem Nationalen Artenhilfsprogramm (siehe auch 2.1) finanziert, im marinen Bereich zusätzlich aus der Meeresnaturschutzkomponente. Insbesondere werden bis 2027 für die besonders betroffenen Arten Konzepte für geeignete populationsstützende Maßnahmen erarbeitet.
14.2 Nachhaltige Erzeugung und Nutzung von Biomasse
geplant
14.2.1
Die Bundesregierung arbeitet kontinuierlich an der Quantifizierung nachhaltig verfügbarer Biomassepotenziale und der erwarteten Nutzungsentwicklung sowie an der Erstellung von Konzepten, Biomasse so einzusetzen und zu erzeugen, dass sie den größten Mehrwert für Gesellschaft, Wirtschaft und den Schutz unserer Lebensgrundlagen erbringt.
14.3 Naturverträgliche Gewinnung von Rohstoffen
geplant
14.3.1
Bis 2027 und darüber hinaus setzt sich die Bundesregierung auf internationaler Ebene für die Implementierung von Biodiversitätskriterien in bestehende Rohstoffstandards sowie für die Berücksichtigung von Umweltstandards bei der Rohstoffgewinnung ein (z.B. in EU-CRMA, EU-CSDDD, EU-BattVO, OECD-Prozessen).
geplant
14.3.2
Bis 2025 wird die Entwicklung und Implementierung von Metriken und Indikatoren (Biodiversitätsfußabdrücke) u.a. durch die Förderung entsprechender Forschung, unterstützt, um eine regelmäßige Berichterstattung der Bundesregierung über die Biodiversitätsbeeinträchtigung durch Produktion und Konsum ab 2030 vorzubereiten.
geplant
14.3.3
Bis 2027 und darüber hinaus werden in bestehenden Förderprogrammen zur Ressourceneffizienz und zum Recycling Rohstoffnutzungen mit besonderer Auswirkung auf Biodiversität gezielt berücksichtigt.
geplant
14.3.4
Bis 2026 wird begleitend zur Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) ein Ziel- und Indikatorensystem entwickelt, welches neben der allgemeinen Senkung des Verbrauchs an Primärrohstoffen auch schwerpunkthaft den Zusammenhang zur Biodiversität darstellt.