Handlungsfeld 4
Boden
Der Boden ist ein lebendiger, unverzichtbarer, aber auch sensibler Lebensraum für Organismen. In einem Teelöffel Boden befinden sich eine Million Bakterien, 120 Tausend Pilze und 25 Tausend Algen – alle mikroskopisch klein. Diese Kleinstlebewesen übernehmen zentrale Funktionen im Stoffkreislauf. Ein gesunder Boden filtert Trinkwasser, sorgt für Wasserrückhalt, kühlt die Umgebung und stellt Nährstoffe bereit. Er speichert Kohlenstoff, baut organische Stoffe und mitunter Schadstoffe ab und bildet die Grundlage für Pflanzenwachstum. Die Leistungen des Bodens und seiner Organismen sind für die Land- und Forstwirtschaft existenziell. Insbesondere auch im urbanen Raum sorgt ein gesunder Boden gemeinsam mit den Pflanzen für ein ausgeglichenes Stadtklima.
Durch Versiegelung, Verkehr, industrielle Prozesse und Übernutzung verschlechtert sich die Qualität der Böden zunehmend. Die Bewertung und Verbesserung des Zustands der Boden-Ökosysteme, eine aktive Entsiegelung sowie die Steigerung des gesellschaftlichen Bewusstseins über die Bedeutung von Böden sind notwendig, um Böden und ihre biologische Vielfalt zukünftig besser zu schützen.

EU-Bodenstrategie für 2030
Mit der im November 2021 vorgelegten EU-Bodenstrategie für 2030 verfolgt die Europäische Kommission die Vision, dass sich bis 2050 alle Bodenökosysteme in der EU in einem gesunden Zustand (= guter chemischer, biologischer und physikalischer Zustand sowie möglichst dauerhafte Erfüllung/Erbringung vieler Ökosystemleistungen und Bodenfunktionen) befinden und somit widerstandsfähiger sind. Gesunde Böden sind eine wesentliche Voraussetzung für Klimaneutralität, eine saubere und kreislauforientierte Wirtschaft und die Eindämmung von Wüstenbildung und Bodendegradation. Sie sind auch wichtig, um den Verlust der biologischen Vielfalt umzukehren, gesunde Lebensmittel zu liefern und die menschliche Gesundheit zu schützen. Die EU-Bodenstrategie
für 2030 legt einen Rahmen und konkrete Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung der Böden sowie zur Gewährleistung ihrer nachhaltigen Nutzung fest. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 und wird zu den Zielen des europäischen Grünen Deals beitragen.
Mit dem Vorschlag für eine Richtlinie zur Bodenüberwachung und -resilienz hat die Europäische Kommission im Juli 2023 den in der Strategie angekündigten Legislativvorschlag vorgelegt. Inzwischen haben sich das Europäische Parlament und die Umweltministerinnen und -minister der Mitgliedstaaten zum Vorschlag positioniert. Im Herbst 2024 haben die trilateralen Verhandlungen begonnen, deren Ergebnis die erste Richtlinie zur Bodenüberwachung und -resilienz auf europäischer Ebene sein könnte. Diese müsste dann von den Mitgliedstaaten in nationales Recht überführt werden.
Ziel
4.1
Erhaltung gesunder Böden
Bis 2030 ist der gute biologische Zustand der Böden umfassend definiert unter Berücksichtigung einer nutzungsspezifischen Differenzierung und gilt als eine Zielgröße und ein Maßstab einer zukunftsfähigen Bodennutzung.
Bis 2050 sind alle Boden-Ökosysteme in einem guten biologischen Zustand.
Gesunde Böden zeichnen sich durch gute biologische, chemische und physikalische Zustände aus, die wiederum eng aufeinander- und zusammenwirken. Letztere sind weitgehend gut definiert, im Gegensatz zum biologischen Zustand. Alle drei zusammen sind eine wichtige Grundlage für das Leben an Land und somit für alle Ökosysteme und Menschen. Intensiv genutzte und versiegelte Böden führen zu erheblichen Beeinträchtigungen der Bodenbiodiversität. Durch nachhaltige Bodenbewirtschaftung, Flächenrecycling zur Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme, Entsiegelung, Altlastenbearbeitung sowie den Aufbau einer durchwurzelbaren Schicht werden natürliche Bodenfunktionen wiederhergestellt, die Bodenbiodiversität (Bodenflora, Bodenfauna, Bodenfungi) gefördert sowie Lebensraum für oberirdisch lebende Tiere und Pflanzen erhalten und geschaffen. Nutzungsspezifische Differenzierungen sollten vorgesehen werden, um zum Beispiel Flächenrecycling nicht unnötig zu erschweren.
Ziel
4.2
Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsflächen
Bis 2030 wird der tägliche Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche („Flächenneuinanspruchnahme“) auf unter 30 Hektar pro Tag reduziert.
Bis 2050 wird eine Flächenkreislaufwirtschaft (Flächenneuinanspruchnahme Netto-Null) angestrebt.
Fläche ist eine begrenzte Ressource. Um ihre Nutzung konkurrieren beispielsweise Land- und Forstwirtschaft, Siedlung und Verkehr, Rohstoffabbau und Energieerzeugung. Insbesondere durch Siedlungs- und Verkehrsflächen erfolgt eine Verknappung, Zerschneidung, Verinselung und Zerstörung der natürlichen Lebensräume von Tieren und Pflanzen. Außerdem gehen von diesen Flächen in der Regel weitere Umweltbeeinträchtigungen durch Schadstoffe, Lärm und Licht aus und Klimasenken gehen verloren. Bei der Flächenneuinanspruchnahme werden Böden teilweise versiegelt. Versiegelte Böden und andere erhebliche Beeinträchtigungen mindern die Bodenbiodiversität deutlich, die nur über einen historisch langen Zeitraum wieder entwickelt werden kann. Die Flächenneuinanspruchnahme soll daher zukünftig weiter minimiert werden; eine Flächenkreislaufwirtschaft wird angestrebt. Die Bundesregierung hat sich in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie zum Ziel gesetzt, den täglichen Zuwachs an Siedlungs- und Verkehrsflächen von, im Jahr 2024 rund 52 Hektar pro Tag bis zum Jahr 2030 auf durchschnittlich unter 30 Hektar pro Tag zu begrenzen, um auf diesem Pfad bis zum Jahr 2050 das Ziel einer „Netto-Null“-Flächenneuinanspruchnahme im Sinne einer Flächenkreislaufwirtschaft zu erreichen. Flächenkreislaufwirtschaft stellt ein System von Planung, Nutzung, Nutzungsaufgabe, Brachliegen und Wiedereinbringung durch eine dauerhafte Nutzung oder eine zeitlich befristete Zwischennutzung von Flächen dar. Damit wird das aus anderen Wirtschaftsbereichen wie der Abfall- oder Wasserwirtschaft bekannte Kreislaufprinzip auf die Ressource Fläche übertragen.
Maßnahmen
abgeschlossen
in Umsetzung
geplant
4.1 Entwicklung eines Bodenbiodiversitäts-Monitorings
geplant
4.1.1
Bis 2025 sind mit Unterstützung des Bundes auf den Bodendauerbeobachtungsflächen der Länder (ergänzt um Stichprobenflächen in ungenutzten, naturnahen und seminatürlichen Lebensräumen) die Vorkommen von Regenwürmern erfasst, ausgewertet und lebensraumbezogene Referenzwerte fürweitere Monitoringaktivitäten festgelegt sowie mit der Erfassung auf landwirtschaftlichen Flächenharmonisiert. Zusätzlich werden die auf den Flächen der Bodenzustandserhebung im Wald und Level IIerfassten Regenwurmvorkommen ausgewertet und mit Boden- und Vegetationsparametern inBeziehung gesetzt. Weitere Monitoringaktivitäten und bestehende Konzepte wie z.B. vonRegenwurmgesellschaften in Agrarlandschaften sollen vernetzt und eingeschlossen werden.
geplant
4.1.2
Bis 2025 wird unter Beteiligung u.a. des Nationalen Bodenmonitoringzentrums und des Nationalen Monitoringzentrums zur Biodiversität sowie der Initiative „Nationales Biodiversitätsmonitoring im Wald (NaBioWald)“ ein Konzept für die schrittweise Einführung eines Programms zum umfassenden und artenübergreifenden Monitoring der Bodenbiodiversität in Deutschland entwickelt, das bisherige Aktivitäten aufgreift, einbindet und anschlussfähig ist an Aktivitäten auf europäischer Ebene.
geplant
4.1.3
Bis 2026 liegen lebensraumtypbezogene Referenzdaten für einen guten ökologischen Bodenzustand vor. Dafür werden Methodenstandards vereinheitlicht und eine Basiserhebung für verschiedene Nutzungsarten und -intensitäten durchgeführt (siehe auch ANK-Maßnahme 6.4).
geplant
4.1.4
Bis 2026 wird ein effektives Versiegelungsmonitoring, möglichst anhand von Fernerkundungsdaten, entwickelt.
4.1 Rahmenbedingungen und Maßnahmen zur Verbesserung des biologischen Zustands von Böden
geplant
4.1.5
Bis Ende 2024 werden durch ein UBA-Forschungsvorhaben rechtliche und fachliche Grundlagen für eine Novelle des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) erarbeitet, unter anderem zur Stärkung des vorsorgenden Bodenschutzes und dadurch auch zum Schutz der Bodenbiodiversität und der natürlichen Bodenfunktionen.
geplant
4.1.6
Bis 2025 werden die Förderprogramme des Bundes wo sinnvoll mit Blick auf die Reduzierung der Bodenversiegelung angepasst.
geplant
4.1.7
Bis 2026 werden Entsiegelungsmaßnahmen unterstützt, z.B. durch Förderangebote wie Natürlicher Klimaschutz in Unternehmen oder Stadtnaturmaßnahmen für Kommunen.
4.1 Bewusstseinsbildung über die Bedeutung der Bodenbiodiversität
geplant
4.1.8
Bis 2026 werden zielgruppenspezifisch aufbereitete Bildungsmaterialien zur Verfügung gestellt sowie die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Bodenbiodiversität verbessert, um das Bewusstsein über die Bedeutung von Böden, die Bodenbiodiversität, deren Gefährdungen und die Ökosystemleistungen von Böden, auch über Citizen Science-Projekte, zu erhöhen.
4.2 Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsflächen
geplant
4.2.1
Bis 2025 werden die Flächensparziele der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie überprüft und ein ganzheitliches Konzept entwickelt, wie die Zielkonflikte in der Flächeninanspruchnahme aufgrund ökologischer, sozialer und landwirtschaftlicher Bedürfnisse evidenzbasiert und effizient adressiert werden können.
geplant
4.2.2
Bis 2026 wird die Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme als ein Förderkriterium in den flächenbezogenen Förderprogrammen des Bundes berücksichtigt. Zusätzliche finanzielle Anreize und Programme zur Vermeidung einer Flächenneuinanspruchnahme, zur Mehrfachnutzung von Flächen und zur Förderung der Nachnutzung von Flächen (z.B. Brachflächenrecycling, multifunktionale Stadtstrukturen) werden geprüft.
geplant
4.2.3
Bis 2026 werden unversiegelte und teilversiegelte Böden als wichtiges Instrument der Klimaanpassungsplanung etabliert, indem die natürlichen Bodenfunktionen in allen relevanten Förderprogrammen berücksichtigt werden.