Handlungsfeld 10
Küsten und Meere
Küsten und Meere sind die größten Ökosysteme der Erde. Sie beherbergen eine reiche biologische Vielfalt, binden große Mengen an Kohlenstoff, liefern Nahrung und Rohstoffe, dienen als Verkehrs- und Erholungsräume und halten Energievorräte bereit. Gleichzeitig stehen sie unter wachsendem Druck: Nähr- und Schadstoffeinträge sowie die intensive Nutzung – etwa durch Schifffahrt, Fischerei, Küstenschutz, den Ausbau erneuerbarer Energien sowie Industrie- und Hafenbauten – beeinträchtigen die biologische Vielfalt und die Ökosystemfunktionen der Küsten und Meere zunehmend negativ.
Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, ist Deutschland unter anderem auch durch zahlreiche internationale Abkommen und EU-Richtlinien wie z. B. der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie verpflichtet, die Meeresumwelt dauerhaft zu schützen. Gezielte Maßnahmen zum wirksamen, nachhaltigen Schutz der Küsten- und Meeresgebiete in deutscher Verantwortung sind zum Beispiel der Erhalt und die Wiederherstellung von Salzwiesen, Seegraswiesen und Algenwäldern in Nord- und Ostsee. Diese Maßnahmen stärken neben der Biodiversität auch die natürliche CO2-Speicherfähigkeit und Widerstandskraft der Meere.

Ziel
10.1
Zustand der Biodiversität an Küsten und in Meeren
Bis 2030 sind die Artenvielfalt, Lebensraum- und Landschaftsqualität an Küsten und in Meeren deutlich gestiegen und der gute Umweltzustand der Meeresgewässer gemäß Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ist erreicht.
Eine hohe Lebensraumqualität und Artenvielfalt an den Küsten und in den Meeren sind zentral für ein funktionierendes, resilientes und nachhaltig nutzbares marines Ökosystem, das sich an Einflüsse von außen (z.B. Klimawandel) anpassen und seine wichtige Versorgungsfunktion aufrechterhalten kann. Dafür sind auch Maßnahmen zur Verbesserung der Artenvielfalt, Lebensräume und Landschaftsqualität umzusetzen. Den besonderen Bedingungen des Ökosystems ist u.a. auch durch Vermeidung der Einschleppung nicht-heimischer Arten, Reduzierung der stofflichen Belastungen, die Reduzierung und gebietsweise Einstellung direkter menschlicher Ressourcennutzungen sowie die Einrichtung streng geschützter Rückzugs- und Ruheräume für Arten und Lebensräume Rechnung zu tragen. Zentraler Baustein sind auch die Ziele für marine Schutzgebiete (siehe auch Handlungsfelder 1, 2, 14 und 15).
Ziel
10.2
Wiederherstellung von Lebensräumen an Küsten und im Meer
Bis 2030 werden im Rahmen der EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur Wiederherstellungsmaßnahmen auf mindestens 20 % der Meeresfläche von ausschließlicher Wirtschaftszone (AWZ), Küstenmeer und damit verbundenen Flusseinzugsgebieten umgesetzt und bei Maßnahmen zum Küstenschutz vorrangig auf naturbasierte Lösungen zurückgegriffen. Dies muss u.a. von einer erheblichen Eingriffsreduzierung begleitet werden.
Auch im Bereich der Küsten und Meere bedarf es Wiederherstellungsmaßnahmen, um die biologische Vielfalt effektiv zu schützen sowie marine und küstennahe Ökosysteme und ihre Leistungen und Funktionen zur Steigerung der Klimaresistenz zu erhalten. Neben technischen Maßnahmen, die ein unverzichtbares Instrument des Küstenschutzes darstellen, sollen in Zukunft verstärkt naturbasierte Lösungen (z.B. Renaturierung von marinen Lebensräumen und Küstenlebensräumen) zur Anwendung kommen. Als „Maßnahmen“ sind auch solche zu verstehen, die durch Entzug oder Minimierung von Stressoren bzw. Eingriffen (Eingriffsreduzierung) eine natürliche Wiederherstellung von Lebensräumen bzw. Rückkehr von Arten ermöglichen.
Ziel
10.3
Naturverträgliche Nutzung der Meere
Bis 2030 werden die Meeresressourcen nachhaltiger und ökosystemverträglicher genutzt, so dass die Arten und Meeresökosysteme sich in einem günstigeren ökologischen Zustand befinden.
Ursache für negative Entwicklungen der Artenvielfalt, Lebensraumqualität und Fischbestände sind u.a. die negativen Auswirkungen menschlicher Nutzungen der Meere (zum Beispiel Fischerei, Schifffahrt, Bautätigkeiten wie die Errichtung von Offshore-Anlagen, Fördertätigkeiten am Meeresboden wie Sand- und Kiesabbau, Tourismus im Küstenbereich, etc.). Aber auch landseitige Stoffeinträge (Nähr- und Schadstoffe, Plastikmüll) und Auswirkungen des Klimawandels spielen eine Rolle. Zum Schutz der dadurch bedrohten Arten und Lebensräume sowie zum Erhalt der marinen Ökosysteme und ihrer Biodiversität sind gegebenenfalls auch Maßnahmen notwendig, die Einschränkungen der Nutzung, sowie eine naturverträgliche Ausgestaltung der Nutzung beinhalten können.
Maßnahmen
abgeschlossen
in Umsetzung
geplant
10.1 Marine Schutzgebiete
geplant
10.1.1
Bis 2027 sollen Rückzugs- und Ruheräumen für Arten der Küsten und Meere zum Schutz vor anthropogenen Störungen entsprechend MSRL Umweltziel 3.1 und MSRL-Maßnahme UZ3-03 sowie den Zielen der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 eingerichtet werden.
geplant
10.1.2
Die Bundesregierung setzt sich weiterhin aktiv für ein schnelles Inkrafttreten und eine zügige und effektive Umsetzung des UN-Hochseeschutzabkommens (engl. Biodiversity beyond national jurisdiction, BBNJ) ein und bereitet in einer Koalition mit weiteren progressiven Staaten Schutzgebietsvorschläge für die Hohe See zum Beschluss durch die BBNJ-Vertragsstaatenkonferenz vor (Bezug zu Ziel 20.1).
geplant
10.1.3
Bis 2027 unterstützt Deutschland ausgewählte Länder des globalen Südens bei der Erarbeitung und Einbringung von Vorschlägen für Meeresschutzgebiete auf der Hohen See und leistet damit einen Beitrag zur aktiven Teilnahme dieser Länder an der wirksamen Umsetzung des BBNJ-Abkommens.
geplant
10.1.4
Bis 2027 werden im Rahmen der Förderrichtlinie „Biodiversität des Blauen Ozeans (BBO)“ in Dialogforen mit den Stakeholdern Handlungsempfehlungen und Leitlinien für die Ausweisung von Schutzgebieten auf der Hohen See erstellt.
10.2 Wiederherstellung von Lebensräumen an Küsten und im Meer
geplant
10.2.1
Bis 2026 werden gemeinsam mit den Ländern die Entwicklung eines Wiederaufbauprogramms für Seegraswiesen, Salzwiesen und weitere Habitate zur Verbesserung der natürlichen CO2 Speicherkapazität der Meere sowie die Durchführung erster Pilotvorhaben vorangetrieben (siehe auch ANK-Handlungsfeld Meere und Küsten)
geplant
10.2.2
Bis 2027 werden laufende Artenhilfsprogramme weiter vorangebracht, insbesondere zur Wiederansiedlung/-herstellung bzw. zum Erhalt gefährdeter Arten und Lebensräume (z.B.europäische Auster).
geplant
10.2.3
Bis 2024 werden unmittelbar anthropogener Einflussfaktoren auf die natürliche CO2-Aufnahmefähigkeit sowie Speicherkapazitäten in Nord- und Ostsee analysiert. Die Funktion von Küstenökosystemen wie Salzgraswiesen findet im integrierten Küstenzonenmanagement Berücksichtigung.
geplant
10.2.4
Bis 2027 erarbeitet die Bundesregierung in Kooperation mit den Niederlanden Konzepte und Handlungsoptionen für den Schutz und den Erhalt des Ökosystems Wattenmeer im Kontext der dreifach Ökologischen Krise (Auswirkungen des Klimawandels, der Verlust der biologischen Vielfalt und die Umweltverschmutzung).
10.3 Naturverträgliche Fischerei
geplant
10.3.1
Bis 2025 werden die Einschränkungen der mobilen, grundberührenden Fischerei im Naturschutzgebiet „Doggerbank“ in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Nordsee (als gemeinsame Maßnahme mit NL) umgesetzt (im Wege eines delegierten Rechtsaktes der EU-Kommission).
geplant
10.3.2
Deutschland setzt sich dafür ein, bis 2026 ökosystemverträglichere Fangmethoden (z.B. Fischfallen, Hebereusen, wirksame Pinger) zu entwickeln und bis zur Marktreife zu fördern, um den Beifang zu reduzieren.
geplant
10.3.3
Bis 2026 untersuchen die Pilotprojekte der DAM die Auswirkungen des Ausschlusses mobiler grundberührender Fischerei in der Nord- und Ostsee.
10.3 Sonstige Nutzung der Küsten und Meere
geplant
10.3.4
Bis 2026 werden biologische Grenzwerte für die Wirkung von Unterwasserlärm aus zivilen Nutzungen auf relevante Arten (aus der MSRL) erarbeitet. Die Bundesregierung untersucht mittels systemischen Ansatzes die Auswirkungen von Unterwasserlärm auf das Ökosystem Meer sowie die Wirksamkeit und Effizienz zur Reduzierung von Lärmeinträgen durch alternative Möglichkeiten zu verschiedenen Schallquellen.
geplant
10.3.5
Noch 2024 werden ein sofortiges Aktionsprogramm mit Meeresnaturschutzmaßnahmen zur Verwendung der Mittel aus der „Meeresnaturschutzkomponente“ (MNK) des „Windenergie auf See-Gesetzes“ aufgesetzt sowie durch eine Zustiftung von MNK-Mitteln an die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) und die Einrichtung eines eigenen Förderbereichs Meeresnaturschutz in der DBU dauerhaft und unbefristet Mittel für Maßnahmen und Projekte bereitgestellt, um die zunehmende Belastung durch den großflächigen Offshore-Windkraft- Ausbau auf die Ökosysteme von Nord- und Ostsee zu mindern und um den Zustand der Meere und deren Resilienz insgesamt zu verbessern.
geplant
10.3.6
Bis 2027 werden weitere Auswirkungen eines möglichen zukünftigen industriellen Tiefseebergbaus von marinen mineralischen Ressourcen und die Schädigungen abyssaler Ökosysteme untersucht. Auf dieser Grundlage werden Konzepte für internationale verbindliche Regeln zum Tiefseebergbau erarbeitet.
geplant
10.3.7
Bis 2027 erarbeitet die Bundesregierung Konzepte zum Management mariner Räume für eine nachhaltige Nutzung von Meeresressourcen und Ökosystemdienstleistungen unter Erhalt des guten Umweltzustandes mit Fokus auf Nord- und Ostsee.
geplant
10.3.8
Bis 2025 untersucht die Bundesregierung nachhaltige Lösungen im Küsten - und Hochwasserschutz zum Erhalt von Ökosystemleistungen sowie der Unterhaltung von Wasserstraßen vor dem Hintergrund sich verändernder klimatischer Bedingungen.